Ritterschlag für die Luise - Ex-Harvard-Professor & MPI-Direktor Tobias Ritter im Chemie-LK

Prof. Dr. Ritter in einem seiner "Elemente": Mit Begeisterung Präsentieren und Vorlesen.

Am 15.12.2017 stand auf unserem Stundenplan eine etwas andere Chemiestunde zur Organischen Chemie: Professor Dr. Tobias Ritter, Direktor des Max-Planck Institutes für Kohlenforschung, ist der Einladung von Frau Dr. Schulte gefolgt und für einen Vortrag in den Chemie Q2-LK gekommen, wo er über seinen beruflichen Werdegang nach der Schule und sein Forschungsgebiet berichtet hat. Da Professor Ritter erst seit zwei Jahren wieder in Deutschland ist, hat er den Vortrag auf Englisch gehalten, was jedoch für uns kein Problem dargestellt hat.

Prof. Ritter ist einer der weltweit renommiertesten Chemie-Professoren und sein Lebenslauf, den er uns ausführlich vorgestellt hat und dazu viele Fragen beantwortet hat, ist schon atemberaubend, denn Prof. Ritter ist weltweit der erste Full-Professor, der das Department für Chemie und Chemische Biologie der renommierten Harvard Universität in Amerika verlassen hat, er hat Boston für Mülheim eingetauscht.

Herr Ritter hat zunächst an der Technischen Universität Braunschweig Chemie studiert, wechselte dann nach Bordeaux, später nach Lausanne, für ein Jahr nach Stanford in den USA und dann an die ETH Zürich, wo er promovierte, seinen Post-Doc machte er am California Institute of Technology in Pasadena, wo er in der Arbeitsgruppe von Prof. Grubbs arbeitete, der 2005 den Nobelpreis für Chemie erhielt, die höchste Auszeichnung überhaupt! Von 2006 bis 2015 hat er eine beeindruckende Karriere an der Harvard-Uni in Boston gemacht.

Der Chemiker betont in der Schilderung seiner Lebensgeschichte, dass hinter seinem Erfolg auch immer viel Arbeit gestanden habe - oft 80 Stunden pro Woche - und das seine Forschung zunächst auch wenig erfolgversprechend verlief, so dass er allein 5 Jahre promovierte, bis er die passenden Ergebnisse hatte. Für uns Schüler war es gut zu hören, dass Erfolg in der Chemie nur der habe, der Biss und eine hohe Frustrationsschwelle mitbringe. Wir stellten zahlreiche Zwischenfragen zum Studium und zur Forschung, die Herr Ritter alle gern beantwortete.

Chemie-LK zusammen Prof. Dr. Ritter.

Seit 2015 ist er nun Direktor am MPI für Kohlenforschung und forscht an „Functional Group-Tolerant Late-Stage Carbon-Flourine Bond Formation“ was vereinfacht bedeutet, Flouratome möglichst spät während des Syntheseprozesses an ein aromatisches Molekül zu binden. Hintergrund dieser Forschung ist die Optimierung des PET- (Positronen-Emissions-Tomographie)-Verfahrens, einem bildgebenden Verfahren in der Medizin ähnlich der Computertomographie (CT), bei dem die beim radioaktiven Zerfall freiwerdende Gammastrahlung genutzt wird, um Bilder des Organismus zu erzeugen.
Dies dient unter anderem zur Diagnose von Tumoren. Dabei wird dem Patienten 18F-FDG (Fluordesoxyglucose), ein der Glucose ähnliches Molekül injiziert. Der PE-Tomograph detektiert die Gammastrahlung, welche entsteht, wenn das beim Zerfall des Fluor-18-atoms freiwerdende Positron (Anti-Elektron/Antiteilchen) mit einem Elektron kollidiert und deren Masse zu Energie wird.

Da Krebszellen einen deutlich höheren Stoffwechsel haben als gesunde Zellen, fressen diese auch mehr 18F-FDG, welches die Zellen nicht von normaler Glucose unterscheiden können. Entsprechend findet in diesen Regionen auch mehr radioaktiver Zerfall statt, welcher von dem Detektor erfasst wird. Dadurch zeigt sich auf dem Bild, welches der Tomograph erzeugt, wo sich hohe Konzentrationen des 18F-FDG befinden und sich somit eventuell krankes Gewebe befindet.

Die verwendete Fluordesoxyglucose muss allerdings erst kurz vorher synthetisiert werden, da sie nicht in der Form in der Natur vorkommt. Dabei darf zwischen der Synthese und der Anwendung des 18F-FDG keine große Zeitspanne liegen, da die Halbwertszeit des Fluor-18-Isotops nur etwa 1h 50min beträgt, also bereits nach knapp zwei Stunden nur noch die Hälfte der radioaktiven Atome vorhanden ist. Damit verliert auch das Ergebnis, welches der Tomograph zeigt schnell an Genauigkeit. Daher ist es wünschenswert, das 18F erst so spät wie möglich in der Synthese an das Molekül zu binden. Daher die Bezeichnung „Late-Stage Carbon-Fluorine Bond Formation“. Bisher lag jedoch hier das Problem, es war Wissenschaftlern sehr lange Zeit nur möglich, das Fluor zu Beginn der Synthese an das organische Molekül zu binden und Professor Ritter forscht erfolgreich daran, dies zu ändern.

Es war auf jeden Fall ein spannender und informativer Vortrag, der einen guten Einblick in ein spezielles, aber mit Sicherheit auch in der Zukunft wichtiges Thema gegeben hat. Und wer weiß, vielleicht haben wir hier einen der nächsten Nobelpreisträger live erlebt. Wir werden sein weiteres Wirken verfolgen und danken ihm ganz herzlich für seinen Besuch.

Joshua Krieger

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